Das war sie also – die 75 Days Hard Challenge. Bei einem trendbewussten Zeitgenossen wie mir darf sie auf der Bucket List natürlich nicht fehlen. Und wann geht man diese Herausforderung am besten an? Natürlich am Anfang des Jahres! In der Zeit nach den Feiertagen wimmelt es nur so von hoch motivierten Fitness-Enthusiasten, die alle irgendwelchen Vorsätzen hinterher jagen. Aber am Ende entscheidet das Durchhaltevermögen ob man an den hochgesteckten Zielen kläglich gescheitert ist. Aber urteilt selbst, hier ist mein Erfahrungsbericht zu der Challenge und wie ich versucht habe sie zu meistern.
Was ist die 75 Days Hard Challenge überhaupt?
Die 75 Days Hard Challenge ist eine Herausforderung sich 75 Tage lang täglich bestimmten Aufgaben zu stellen, um seine körperliche und geistige Stärke zu prüfen und stärken. Sie wurde von dem amerikanischen Unternehmer Andy Frisella ins Leben gerufen und erfreut sich weltweit großer Beliebtheit.
Aber was genau beinhaltet diese Challenge? Im Kern geht es darum, jeden Tag folgende Aufgaben zu erfüllen:
- Zwei Mal täglich ein 45-minütiges Training absolvieren (eines davon muss im Freien stattfinden)
- Ausreichend Wasser trinken (mindestens 4 Liter)
- Gesund ernähren (kein Alkohol, keine Süßigkeiten)
- Täglich 10 Seiten lesen
- Ein tägliches Foto von sich posten, um sich selbst und anderen zu zeigen, dass man die Challenge durchhält
Ich habe die Aufgaben etwas abgeändert. 4 Liter Wasser zu trinken erschien mir etwas zu viel und für meine Körpergrösse von 168 cm und ein Ausgangsgewicht von 69 kg wahrscheinlich auch nicht ganz gesund. Also reduzierte ich die Menge auf 3 Liter. Den Rest behielt ich so wie es die Challenge fordert, nur das Posten der täglichen Fotos habe ich sein gelassen. Die Leute in meinem näheren Umfeld haben es eh mitbekommen und für die Öffentlichkeit bin ich nicht so wichtig, als dass es jemanden interessieren würde.
Klingt einfach, oder? Aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
Zwei Mal Sport bitte
Mit am schwierigsten fand ich es sich eine zweite Sporteinheit pro Tag zu überlegen. Das Training im Freien habe ich schnell gefunden: Jeden Tag jeweils abwechselnd Laufen und Fahrradfahren. Bei der zweiten Einheit war das etwas schwieriger. Ich habe mir einen Plan zusammengestellt, bei dem ich für jeden Tag folgende Trainingseinheiten definiert habe:
Montag | – Oberkörperkräftigung 10-20 min – Krafttraining Beine 10-20 min – Dehnung und Entspannung 5-10 min |
Dienstag | – Yoga für Anfänger 20-30 min – Starker Rücken 10-20 min – Beweglichkeilstraining Hüfte 5-10 min |
Mittwoch | – Ganzkörperkrafttraining 10-20 min – Ausdauer steigern 10-20 min – Dehnung und Entspannung 5-10 min |
Donnerstag | – Oberkörperkräftigung 10-20 min – Krafttraining Beine 10-20 min – Beweglichkeilstraining Hüfte 5-10 min |
Freitag | – Yoga für Anfänger 20-30 min – Starker Rücken 10-20 min – Dehnung und Entspannung 5-10 min |
Samstag | – Ganzkörperkrafttraining 10-20 min – Ausdauer steigern 10-20 min – Dehnung und Entspannung 5-10 min |
Sonntag | – HIIT 20-30 min – Beweglichkeilstraining Hüfte 5-10 min |
Die Aufgaben waren also definiert, der Plan stand. Jetzt ging es nur noch darum diesen ausführen und durchzuhalten.
Hilfsmittel
Um die Vorhaben auch sauber durchzuhalten, habe ich mir eine technische Unterstützung in Form einer App geholt. Die App heisst Habit Tracker und hat mir geholfen die Ziele zu erfassen und sie auch zu verfolgen. Und am Ende hat man eine schöne Grafik, die dir zeigt was du alles geschafft hast (oder auch nicht).
Aller Anfang ist schwer
Genau genommen 69,7 kg. Das ist mein Ausgangsgewicht. So viel habe ich bisher noch nie gewogen. Mein gewohntes Gewicht war immer etwas zwischen 63 und 66 kg. Nach meinem schlechten Marathon in Berlin 2022 hatte ich jedoch alle Trainings satt und habe es mir viel zu gut gehen lassen. Viele Süssigkeiten während der Weihnachtszeit taten am Ende ihr Bestes und bescherten mir einen guten Winterspeck. Die Reissleine musste gezogen werden und da kam die Challenge zur richtigen Zeit.
Top motiviert geht es nun an die Ausführung der definierten Aufgaben. Man merkt schnell, dass es hart wird. Der Tag hat nun Mal nur 24 Stunden, von denen man in der Regel 6 bis 8 schläft. Die Sporteinheiten fordern zusammen etwa zwei Stunden ein. Neben dem Job und Kind bleibt hier nicht viel Zeit zum Trödeln übrig und man muss extrem effizient mit der übrig gebliebenen Zeit umgehen.
Tagesablauf
Für mich bedeutet das um 4:30 Uhr aufzustehen und mit dem Training im Freien in den Tag zu starten. Um diese Uhrzeit ist es auch noch schön Dunkel draussen und man hat alle Laufwege und Strassen für sich alleine. Nur manchmal werde ich auf meinen Fahrrad von einem Salzstreuer überholt.
Dieser Frühsport bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ich spätestens um 22 Uhr im Bett sein muss, wenn ich am nächsten Tag einigermassen fit sein möchte.
Nach der Morgenroutine mit meiner Tochter geht es ans Arbeiten, in der Regel bis etwa 17 Uhr. Danach Abendessen mit der Familie und um 19 Uhr Kind ins Bett bringen. Je nach dem wie schnell sie in den Schlaf findet, bin ich zwischen 19:30 und 20 Uhr bereit für die zweite Trainingseinheit. Und schon ist der Tag vorbei. Noch schnell die 10 Seiten lesen und endlich schlafen.
Und in etwa so geht es die nächsten 75 Tage … mal gut mal schlecht.
Die Challenge und die Herausforderungen
Bei diesem Tagesablauf wird eine Herausforderung deutlich – alles muss gut koordiniert ablaufen, Spielraum gibt es kaum. Kommt etwas dazwischen, fehlt die Zeit am Ende für die zweite Sporteinheit. Ist man länger wach und steht am nächsten Tag etwas später auf, muss die erste Sporteinheit zu einem anderen Zeitpunkt durchgeführt werden. Zu einem Zeitpunkt den man ggf. nicht hat. Das alles macht einen unflexibel – Disziplin hin oder her.
Am 26. Tag habe ich mit Magen-Darm-Virus kämpfen müssen – die erste Sporteinheit habe ich noch geschafft, die zweite musste ausfallen. Am nächsten Tag habe ich den üblichen Ablauf wieder aufgenommen, ein Paar Tage später aber gemerkt, dass zwei Sporteinheiten am Tag nicht immer möglich sind und mich auf Dauer nicht glücklich machen. Die zweite Sporteinheit wurde also nicht mehr so strikt ausgelegt und bei Möglichkeiten durchgeführt.
Ein weiterer Aspekt war mir anfangs gar nicht so klar, aber zwei Sporteinheiten, die unabhängig voneinander ausgeführt werden, führen dazu dass man zweimal am Tag duschen muss. Und der Verbrauch an Sportklamotten kommt noch hinzu. Joggen, duschen, Klamotten trocknen … zweite Sporteinheit, duschen, Klamotten trocknen … Fahrradfahren, duschen, Klamotten trocknen usw. Wir haben zum Glück ein recht grosses Badezimmer, dort habe ich einen Wäscheständer fest installiert und ständig mit durchgeschwitzten Klamotten beladen. Ein Anblick, 75 Tage lang.
Was mir am Anfang auch schwer gefallen ist und im Übrigen auch weiterhin schwer fällt, ist das Wasser trinken. Ich musste mich ständig daran erinnern etwas zu trinken und es kam oft vor, dass ich vor dem Schlafen noch den einen oder anderen Liter nachholen musste.
Verzicht auf Süssigkeiten machte sich in den Mittagspausen gut bemerkbar. Nach dem Essen trinke ich gerne einen Kaffee mit etwas Schokolade. Während der Challenge fiel das Süsse zum bitteren Getränk nun aus und es fehlte mir merklich.
Beim Alkohol war das ähnlich. Ein frisch gezapftes Bier aus dem Lieblingspub war nun verschwunden und ich wusste nicht all so recht was man denn sonst trinken kann. Für ein Wasser brauche ich nicht irgendwohin gehen. So wurde „das Ausgehen“ fast gar nicht praktiziert. Auch während des Skiurlaubs in Österreich gab es für mich kein Apès-Ski. Anerkennung für alle Abstinenzler, die trotz dem Verzicht an dem „gesellschaftlichen Leben“ teilnehmen. Aber ehrlich, wenn man das Programm durchziehen möchte, kann man es sich auch nicht leisten Alkohol zu trinken.
Fazit
Man merkt schon, diese Challenge war nicht einfach. Und wenn man es genau nimmt, habe ich sie auch nicht geschafft. Aber ich bin trotzdem stolz einige Aufgaben durchgehalten und bestimmte Ziele erreicht zu haben.
Immer wenn ich morgens die erste Sporteinheit nicht gemacht und diese auf den Nachmittag gelegt hatte, habe ich gemerkt, dass etwas fehlt. Das ist etwas was ich unbedingt beibehalten möchte – die Sporteinheit im Freien werde ich soweit es geht weiter machen.
Grundsätzlich auf etwas zu verzichten muss aus meiner Sicht nicht sein, gegen einen moderaten Konsum spricht in meinen Augen nichts gegen. Aber ich bin froh zu sehen, dass ich über einen längeren Zeitraum auf etwas gänzlich verzichten kann.
Die 75 Days Hard Challenge soll angeblich die Einstellung grundlegend ändern und man geht mit einer anderen Geisteshaltung heraus. Ich kann nicht behaupten, dass sich meine Mentalität oder Denkweise geändert haben. Ich hatte mir ein etwas einfacheres Ziel gesetzt – abnehmen. Das habe ich am Ende auch geschafft: von 69.7 kg auf 62.2 kg.
Zusammengefasst kann ich sagen, es war eine Erfahrung, ohne irgendeine Bewertung. Ich bin froh, dass ich während der 75 Tage (fast) gesund geblieben bin und dass ich von meiner Frau unterstützt wurde. Zurückblickend bin ich froh, dass es vorbei ist und ich ein Bierchen auf diese Leistung trinken kann. Prost!
Ach ja … die täglich gemachten Fotos sollen ja nicht einfach so untergehen: